Vom Kollegen zum Chef

Wenn in einem Unternehmen Beförderungen anstehen, gibt es oft Gewinner und Verlierer. Mancher steigt die Karriereleiter hinauf, der das nie zu träumen gewagt hätte. Und ein Anderer wartet schon seit Jahren vergeblich auf den nächsten Schritt. Da sind Konflikte programmiert.

Zu Problemen kann es zum Beispiel kommen, wenn ein Mitarbeiter eines Teams zum Chef dieser Gruppe ernannt wird. "Das ist eine schwierige Situation", sagt Doris Brenner, Personalberaterin aus Rödermark in Deutschland. Besonders brenzlig könne die Lage werden, wenn mehrere Kollegen um diesen Job konkurriert haben. "Dann sind Souveränität und Konsequenz gefragt", sagt Coach Jürgen Goldfuß aus Spaichingen Deutschland. Unter anderem gehe es darum, dem oder den meuternden Kollegen auf nette Art klar zu machen, wer der Chef im Team ist - das aber wohlgemerkt so, dass die Motivation des betreffenden Kollegen nicht leidet.

Einen Vertrauensvorschuss geben

"Oft hilft es, dem Konkurrenten ein eigenes Projekt zu geben, mit dem er sich ausgiebig beschäftigen kann", sagt Brenner. Der Effekt: Der Mitarbeiter fühlt sich wertgeschätzt und anerkannt und kann seinen neuen Chef schneller akzeptieren. Ohnehin sei Akzeptanz im Team eine der wichtigsten Voraussetzungen, um das reibungslose Miteinander zu ermöglichen. Allerdings unterschätzen viele frisch gebackene Führungskräfte ihre neue Aufgabenbandbreite als Chef. "Das Führen ist ein ganz anderes Geschäft als das Arbeiten", berichtet Goldfuß aus seiner Erfahrung.

Mit dem Tagesgeschäft haben Führungskräfte in der Regel nicht mehr viel zu tun - das erledigen die Teamkollegen. Dafür gilt es, neue Strategien und Ziele zu entwickeln, die die Abteilung voran bringen. Dem nächst höheren Vorgesetzten und dem Team müsse etwa ein Teamleiter signalisieren, dass er als Chef der erste Dienstleister für seine Mitarbeiter ist. "Er muss helfen, das gesteckte Ziel zu erreichen - aber nicht von oben herab mit Arroganz", betont Goldfuß.

Sich zurücknehmen

Gerade zu Beginn der neuen Tätigkeit zahle es sich vielmehr aus, "sich als Chef zurückzunehmen, die Klappe zu halten und zu schauen, was läuft". Wichtig ist, dem Team zu signalisieren, dass der frisch gebackene Chef an die Fähigkeiten eines jeden Mitarbeiters glaubt, bei Problemen aber immer ein offenes Ohr hat.

Allerdings werde die Schwierigkeit dieser Gratwanderung immer wieder unterschätzt - und dann aus Unsicherheit mit zu viel Härte und übermäßiger Führung zu kompensieren versucht. "Das allerdings ist der sicherste Weg ins Abseits", warnt Goldfuß. Kommt es dann zu Konfliktsituationen, steht der neue Chef "mittendrin und kann sich eigentlich an niemanden wenden", bilanziert Doris Brenner.

Zwischen den Stühlen zu sitzen, ist unbequem

Der eigene Chef erwarte, dass man in der neuen Rolle funktioniere. Das alte Team hingegen sieht unter Umständen den ersten Fehlern entgegen - und die neue Führungspersönlichkeit weiß sich nicht so recht zu helfen, weil die Vertrauenspersonen fehlen. Einige Unternehmen treten diesem Umstand mit einer unabhängigen Führungspersönlichkeit entgegen: einem Mentor.

Er ist dazu da, dem aufstrebenden Mitarbeiter den einen oder anderen Wink in die richtige Richtung zu geben - oder auch mal als Mittler aufzutreten. Aus seiner herausgehobenen Position und nach einer in der Regel langen Karriere in dem Unternehmen kann er aus seiner Vergangenheit und dem eigenen Umgang mit Problemen berichten und somit die Wogen glätten. Weiterer Vorteil: ein Mentor ist nie direkt in einen Konflikt involviert, sondern geht aus unabhängiger Sicht an das Problem heran.

Einen Vertrauten im Unternehmen suchen

Steht kein Mentor zur Verfügung, hilft es "im Unternehmen einen Sparingpartner zu suchen, dem man vertrauen kann", sagt Goldfuß. Dieser Vertraute könne der sein, der einem Neu-Chef gelegentlich den Kopf zurecht rückt und ihn vor allzu großen Höhenflügen warnt.

Ist auf Grund des Chefpostens ein handfester Konflikt im Team ausgebrochen, der nicht überwindbar scheint, gibt es verschiedene Lösungsansätze. "Wenn man nicht akzeptiert wird, sollte man sich Jemanden weiter oben suchen, der für Ruhe sorgt", rät Goldfuß. Habe dies auch keine Aussicht auf Erfolg, müsse gegebenenfalls ein Mediator von außen hinzugezogen werden und in der Sache vermitteln.

Auch die positiven Seiten sehen

Oft allerdings sei ein Problem auch auf viel einfachere Art und Weise zu lösen - und das ohne Gesichtsverlust für beide Parteien. "So kann etwa ein murrender Mitarbeiter auch zeitweise vom Home Office aus arbeiten - nur das Resultat muss stimmen." Eine solche Lösung verlange Kreativität, von Team, Chef und der Personalabteilung gleichermaßen.

Last but not least: Unabhängig von dem Konfliktpotenzial, die die Neubesetzung einer frei gewordenen Chefstelle durch ein Teammitglied mit sich bringt, hat sie immer auch ihre guten Seiten. "Der neue Chef kennt zum Beispiel die Stärken und Schwächen seiner Mitarbeiter sehr genau", sagt Doris Brenner.

Aufgaben sinnvoll verteilen

Dieses Wissen helfe, die Aufgabenverteilung sinnvoll zu gestalten. Ein Chef allerdings muss nicht der oberste und fleißigste Mitarbeiter des Teams sein - vielmehr ist es an ihm oder ihr, Aufgaben intelligent zu delegieren. Das allerdings kann nicht jeder. "Es macht nicht immer Sinn, den besten Fachmann zum Chef machen - die Unternehmen müssen auch schauen, ob er als Führungskraft geeignet ist", sagt sie. (Verena Wolff/ Quelle: Monster Netzwerk)

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