Mit Kritik richtig umgehen

Der richtige Umgang mit Kritik ist im Berufsleben das A und O. Doch nicht jeder kann mit unangenehmen Nachrichten umgehen. Dabei helfen schon wenige Tricks, um seine Kritikfähigkeit zu trainieren.

Das Telefon klingelt. Der Blick wandert aufs Display: Der Chef! Kaum ist die Hörmuschel am Ohr, legt der auch schon los: "Ich möchte Sie sprechen. Kommen Sie in mein Büro. Sofort!" Eine Ansage, die nichts Gutes verheißt - die Zeichen stehen auf Sturm. Doch Vorsicht: Wer nun aggressiv die Fäuste in den Taschen ballt und sich innerlich für den verbalen Schlagabtausch mit dem Vorgesetzten rüstet, begeht einen Kardinalfehler. Im Berufsleben kommt es auf einen professionellen Umgang mit Kritik an. Die Kunst ist es, Krisensituationen als Herausforderung zu begreifen und eventuellen Rügen so sachlich und konstruktiv wie möglich zu begegnen.

Keine Abwehrhaltung einnehmen

In aller Regel ist das aber leichter gesagt als getan. Das wissen die beiden Frankfurter Ratgeber-Autorinnen Ingrid Ute Ehlers und Regina Schäfer nur zu gut. "Kündigt sich Kritik an, neigt man schnell dazu, diese als persönlichen Angriff zu werten und nimmt leicht eine Abwehrhaltung ein", sagt Karrierecoach Regina Schäfer.

"Kein Wunder", ergänzt Kollegin Ingrid Ute Ehlers. "Man ist ja schließlich durch eine Menge negativer Erfahrungen geprägt. In Windeseile kommen in solchen Situationen unangenehme Erinnerungen hoch. Zum Beispiel an die Eltern, denen man oft nichts Recht machen konnte oder an manche Lehrer, die einen früher heftig kritisiert haben."

Erstmal Zuhören

Doch wer im Berufsleben bei einem begründeten Rüffel aufbrausend reagiert oder sich herauszureden versucht, indem er beispielsweise alle Schuld auf andere schiebt, hat beim Gegenüber schlechte Karten.

Auch auf die Mitleidstour reagieren Vorgesetzte allergisch, meint Ehlers: "Das Argument, beispielsweise trotz Krankheit zur Arbeit gekommen zu sein und dann in einem erbärmlichen Zustand mal ausnahmsweise einen Fehler verursacht zu haben, glättet die Wogen keinesfalls - es sorgt höchstens noch für größere Unruhe."

Keine Ausweichmanöver starten

Regina Schäfer sieht das genauso. "All diese Strategien wirken kindlich und unreif, weil sie signalisieren, dass der Betroffene nicht bereit ist, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Das schadet ihm im Endeffekt nur." Ist also bei einem Projekt beispielsweise tatsächlich ein Termin versäumt oder ein Kunde verärgert worden, gibt es nur eine Möglichkeit der Schadensbegrenzung: Für seinen Fehler gerade stehen.

Regina Schäfer: "Es ist zwar keine schöne Erkenntnis, aber Fehler passieren. Das wissen auch die Vorgesetzten. Für den Kritisierten kommt es jetzt vor allem darauf an, angemessen zu reagieren." Dabei helfen fünf Punkte:

  • Geben Sie Ihren Fehler zu, wenn Sie ihn tatsächlich begangen haben
  • Entschuldigen Sie sich kurz
  • Drücken Sie aus, dass Sie es das nächste Mal besser machen wollen
  • Erkundigen Sie sich, was Sie in Zukunft beachten sollen, damit dieser Fehler nicht noch einmal passiert
  • Sprechen Sie in der Ich-Form und verstecken sich nicht hinter Floskeln wie "man sollte aber" oder "jemand müsste dann mal"

Fehler gehören dazu

"So schwer es auch fallen mag, einen Fehler einzugestehen", sagt Ehlers. "Die Wahrheit ist doch oft die erträglichste Lösung und besser als ein Lügengebäude zu konstruieren, das nach und nach wieder in sich zusammen fällt." Wer dann noch anbietet, die Suppe selbst auszulöffeln, die er sich und seinem Team eingebrockt hat und mit konstruktiven Lösungsvorschlägen aufwartet, verlässt das Büro des Chefs in aller Regel erhobenen Hauptes.

"Immerhin zeigt die Person auf diese Weise Selbsteinsicht und beweist, dass sie mit brenzligen Situationen souverän umgehen kann. Im Umkehrschluss kann ein solches Verhalten durchaus auch eine Chance bieten, um sich vor Vorgesetzten zu profilieren", ergänzt Ingrid Ute Ehlers. "In Krisenzeiten einen kühlen Kopf zu wahren und problemorientiert zu argumentieren, kommt nämlich gut an."

Auf die Körpersprache achten

Dass er schwierigen Situationen gewachsen ist, kann der betreffende Mitarbeiter auch mit seiner Körpersprache unterstreichen. "Keinesfalls sollte der Betroffene zu locker vor dem Vorgesetzten auf dem Stuhl herumlümmeln. Damit signalisiert er, dass er die Situation nicht ernst nimmt", warnt Regina Schäfer. "Stattdessen sollte er zeigen, dass er aufnahmebereit für das Gesagte ist. Am besten geht das über eine aufrechte Sitzhaltung und Augenkontakt mit dem Gegenüber." Ebenfalls tabu sei, verunsichert dem Blick des Chefs auszuweichen, genervt die Augen zu verdrehen oder gelangweilt die Wangen aufzublähen. "Das sind Signale, die der andere ganz genau wahrnimmt und die gegebenenfalls den Ärger nur noch schüren", warnt Regina Schäfer.

Doch selbst der konfliktfähigste Mitarbeiter stößt an seine Grenzen, wenn er im Krisenfall cholerischen Vorgesetzten gegenüber sitzt und sich wüste Beschimpfungen anhören muss. "Das muss sich natürlich niemand gefallen lassen. In einem solchen Fall sollten Arbeitnehmer darum bitten, das Gespräch abzubrechen und auf einen späteren Zeitpunkt zu vertagen", meint Regina Schäfer.

Unterbrechen, bevor die Situation eskaliert

Der Vorteil der Unterbrechung liegt für beide Seiten klar auf der Hand, meint Ingrid Ute Ehlers: "Der Kritisierte kann in dieser Pause die Perspektive des Vorgesetzten einnehmen und so dessen Ärger nachvollziehen. Das verhindert, dass er beim zweiten Anlauf Dinge sagt, die sich möglicherweise später nicht mehr so einfach zurücknehmen lassen." Und die Vorgesetzten? "Die können derweil ein wenig verschnaufen und runter kommen. Sowohl für den Kritik Übenden als auch für den Kritik Empfangenden ist es wichtig, sich auf das angesprochene Problem zu konzentrieren. Nur so gelingt eine sachliche Betrachtungsweise."