Den Chef als Kunden begreifen

Wer seinen Job sichern will, sollte es verstehen, sich im Berufsleben unentbehrlich zu machen. Hierbei spielt nicht nur die Fachkompetenz eine entscheidende Rolle, sondern auch das Wissen, wie man diese am besten verkauft.

"Die Angst vor dem Jobverlust ist ein schlechter Karriere-Ratgeber", schickt Jürgen Hesse, geschäftsführender Diplom-Psychologe im Büro für Berufsstrategie in Berlin vorweg: Sie lähme einen Arbeitnehmer und nehme ihm die Energie, so dass der letztlich wie ein hypnotisierter Karnickel Hase vor der Schlange sitzt - starr, unbeweglich und ohne Eigeninitiative. "Und so wird oft aus einer Angst eine selbsterfüllende Prophezeiung", orakelt Hesse. Wer die Dinge hingegen selbst in die Hand nimmt, hat gute Chancen, die Karriereleiter Stück für Stück nach oben zu klettern.

Den Chef als Kunden begreifen

"Da Sie als Arbeitnehmer weder die Welt noch Ihren Chef verändern können, rate ich Ihnen, mit dem zu beginnen, was Sie verändern können: sich selbst", rät Karrierecoach Hesse. Sein Vorschlag: "Denken und handeln Sie wie ein Unternehmer." Auch wenn Arbeitnehmer weisungsgebunden und lohnabhängig arbeiten, brauchen sie doch unternehmerische Qualitäten - sie müssen Prioritäten setzen, eigenständige Entscheidungen fällen und Eigeninitiative zeigen.

"Ihr Chef ist Ihr wichtigster Kunde und Ihre Kollegen Ihre zweitwichtigsten Kunden." Der "Unternehmer Mitarbeiter" sollte kundenorientiert arbeiten. Das heißt zum Beispiel, dem Chef bei der Lösung seiner Probleme behilflich zu sein. Wenn der Vorgesetzte etwa am Toben ist, weil er einen Auftrag nicht mehr findet, kann der Mitarbeiter Hilfe anbieten und das Schriftstück bei der Firma einmal anfordern. Wichtig bei solchen Aktionen ist allerdings, sich nicht beim Chef anzubiedern, sondern seinen Vorschlag neutral und sachlich herüberzubringen. Sonst hat man schnell den Stempel als "Schleimer vom Dienst" weg.

Kopf hoch! Am eigenen Image basteln

Doch nicht nur die Problemlösungskompetenz zählt - auch an seinem Image sollte man feilen. Wenn der Hauptbuchhalter beispielsweise verspätet zum Meeting kommt, kaum hörbar "Entschuldigung" murmelt und sich mit gesenktem Kopf auf einen der hinteren Plätze verdrückt, wirkt das alles andere als selbstbewusst.

"Doch auf das Selbstbewusstsein kommt es an", betont Jürgen Hesse. Käme der gleiche Mitarbeiter freundlich lächelnd zum Meeting mit dem Worten: "Entschuldigen Sie meine Verspätung, aber ich hatte einen wichtigen Anruf", würde er weit sympathischer und kompetenter wirken.

Kontakt und Kommunikationsfähigkeit schulen

"Im Beruf kommt es nicht allein auf fachliches Know-how an, sondern auch darauf, wie selbstbewusst ein Mitarbeiter dieses verkauft", betont Hesse. Deshalb sei die Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit das A und O.

Auch Christine Öttl, die als Trainerin in Sachen Karriere und Führung berät, kennt den Stellenwert von Kommunikation im Beruf. "Es ist sehr wichtig, die Verständigung mit den Kollegen ernst zu nehmen", erklärt die Münchnerin. "Damit steht und fällt die Zusammenarbeit." Denn wer locker und offen wirke, komme gut im Team an. Anders sei es bei jemandem, der unsicher durch die Gänge schleiche und den Eindruck verbreite, dass er nicht angesprochen werden möchte.

Redegeschick in Maßen einsetzen

Öttls Fazit: Kommunikative Menschen sind klar im Wettbewerbsvorteil gegenüber Kommunikationsverweigerern. Sie bringen ihre Ideen einfach schneller an den richtigen Mann im Unternehmen und bringen so ihr Team und letztlich auch sich selbst voran.

Vorausgesetzt natürlich, der betreffende Mitarbeiter setzt sein Redegeschick in Maßen ein. Wer hingegen als Quasselstrippe für einen Geräuschpegel im Büro sorgt, der nicht mehr abebben will, kann den Kollegen schnell auf die Nerven gehen und katapultiert sich selbst ins Aus. Daher ist es wichtig, zuallererst sein Wesen auf den Prüfstand zu stellen.

Wie wirke ich auf die Kollegen?

Christine Öttls Tipp: "Überlegen Sie selbst, wie Sie nach außen wirken. Welches Image haben Sie? Was für Schlüsse aus dem Verhalten der anderen Ihnen gegenüber können Sie ziehen?" Wer diese Fragen beantworten könne, sei auch in der Lage, sein Image zu verändern.

"Auch kleine Schritte können bereits helfen, die Kommunikation zu verbessern. Wenn Sie beispielsweise auf eine Frage eines Kollegen immer nur das Nötigste geantwortet haben, versuchen Sie es doch mal etwas ausführlicher."

Sympathien mobilisieren

Ein Tipp von Jürgen Hesse geht in die gleiche Richtung: "Mobilisieren Sie Sympathien für sich." Denn schließlich würden nach Expertenschätzungen über 90 Prozent aller gescheiterten Beschäftigungsverhältnisse nicht wegen fachlicher Defizite, sondern wegen Unstimmigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich zu Ende gehen.

Ein wichtiger Aspekt beim Werben um Sympathie ist respektvolles Verhalten. "Im Umgang mit anderen Menschen ist es wichtig, diese und ihren Standpunkt ernst zu nehmen, statt darauf zu beharren, Recht zu haben", betont Christine Öttl. "Wer sich respektvoll anderen gegenüber verhält, kann zum Beispiel leichter Kritik üben, ohne zu verletzen."

Sich die vorderen Plätze auf der Beliebtheitsskala sichern

Ein solches Auftreten sichert einem auch einen der vorderen Plätze auf der unternehmensinternen Beliebtheitsskala: "Wer freundlich ist, sich nicht aggressiv gebärdet und nicht provoziert, wird es beim Networking leichter haben. Und wer im Betrieb gut vernetzt ist, der steht nicht so schnell auf der Liste derer, die entlassen werden sollen", so Hesse.