Rechtzeitig die Reißleine ziehen
Sie haben jahrelang studiert, hatten ein bestimmtes Berufsziel vor Augen. Nun haben Sie endlich Ihren ersten Job. Doch nach kurzer Zeit merken Sie, dass er gar nicht zu Ihnen passt. Dann sollten Sie sich über einen Berufswechsel Gedanken machen.
"Wenn Sie am Dienstag schon das Wochenende herbeisehnen oder sich am Ende des Urlaubs vor dem Arbeitsbeginn gruseln, sollte Sie sich darüber Gedanken machen, den Job oder vielleicht sogar den Beruf zu wechseln", betont Uta Glaubitz, Expertin für Berufsfindung und Buchautorin. "Grundsätzlich gilt: Je früher Sie merken, dass ein Job nichts für Sie ist, umso besser ist es. Je länger Sie zögern, aus dieser Erkenntnis Konsequenzen zu ziehen, desto älter werden Sie. Außerdem verlängern Sie mit dem Zögern auch Ihr Leiden."
Ausharren ist nicht immer sinnvoll
Doch die Realität sieht meistens anders aus. "Viele Kandidaten für den Berufswechsel wurschteln sich durch - erst einmal durchs Studium bis zur Zwischenprüfung und dann bis zum Examen. Danach vertagen sie das Problem, weil sie erst einmal einen Job suchen. Ist der dann gefunden, wurschteln sie sich weiter durch", so die Berlinerin.
Die Münchner Karrieretrainerin Christine Öttl rät Unzufriedenen, sich selbst zu analysieren: "Wenn Sie es schwer haben, sich zu motivieren, oder wenn Sie andere beneiden, selbst aber ständig unzufrieden und unausgeglichen sind, dann sollten Sie sich hinterfragen und Ihren Gefühlen auf den Grund gehen."
Der Unzufriedenheit auf den Grund gehen
Die Münchnerin empfiehlt: "Finden Sie heraus, was Sie unzufrieden macht! Liegt es an Ihren Aufgaben, an den Kollegen, am Vorgesetzten oder an der Arbeitsbelastung? Vielleicht haben Sie zu viele administrative Arbeiten zu erledigen und fühlen sich deshalb fehl am Platz. Vielleicht arbeiten Sie im operativen Geschäft, obgleich Sie viel lieber Ihr strategisches Talent unter Beweis stellen wollen." Manchmal sei ein kompletter Berufswechsel gar nicht nötig. Schon kleine Veränderungen in der Aufgabenverteilung können zu mehr Zufriedenheit führen. "Widerspricht Ihr Beruf zu 90 Prozent Ihrer eigenen Persönlichkeit, sollten Sie ernsthaft einen Berufswechsel erwägen."
Um herauszufinden, welcher Job wirklich zur eigenen Persönlichkeit passt, rät Berufsfindungsexpertin Glaubitz: "Beantworten Sie sich ein paar Fragen: Was macht mir Spaß? Wofür würde ich freiwillig sehr früh aufstehen? Wann habe ich ungeahnte Aktivität entwickelt? Wessen Beruf hätte ich am liebsten? Antworten auf diese Fragen sind Hinweisschilder, wo es in Zukunft beruflich hingehen könnte."
Die eigenen Fähigkeiten auf den Prüfstand stellen
Neben der Frage 'Was will ich?' sollten auch die eigenen Fähigkeiten im Zentrum der Selbstanalyse stehen. Uta Glaubitz empfiehlt deshalb, sich auch zu diesem Thema ein paar Fragen zu beantworten: Wann war ich stolz auf mich? Welche Fähigkeiten habe ich in diesen Situationen eingesetzt? Was kann ich nach Meinung anderer gut? Was trauen andere mir zu?
"Wenn Sie geklärt haben, was Sie wollen und was Sie können, überlegen Sie, welcher Beruf am besten dazu passt. Dann recherchieren Sie, wie Sie Ihr neues Ziel erreichen können. Vielleicht müssen Sie noch ein Studium oder eine Ausbildung absolvieren, oft ist ein Quereinstieg möglich", so Uta Glaubitz.
Sich zusätzliches Fachwissen aneignen
Auch Christine Öttl empfiehlt: "Finden Sie heraus, welches Fachwissen Sie sich noch aneignen müssen oder ob Sie mangelndes fachliches Know-How durch andere persönliche Eigenschaften ausgleichen können." Haben Sie sich einen Überblick über die Anforderungen Ihres neuen Berufsziels gemacht, sollten Sie sich so schnell wie möglich an die Umsetzung machen. "Holen Sie BWL-Wissen nach. Peppen sie Ihre Sprachkenntnisse auf", rät Christine Öttl.
Informationen allein reichen aber nicht aus, betont die Münchnerin: "Fragen Sie sich auch, ob Sie genug Kraft für den Neuanfang haben. Können Sie mit den möglicherweise entstehenden finanziellen Unsicherheiten leben? Haben Sie ein privates Umfeld, das Sie unterstützt?" Einen Berufswechsel empfiehlt sie nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen und die eigene Energie reicht.
Keine Energie vergeuden
Wie Wechselwillige den Berufswechsel vollziehen, ist unterschiedlich: "Im Prinzip ist es sinnvoll, so schnell wie möglich mit dem alten Beruf aufzuhören und keine Energie mehr für ihn zu verschwenden", betont Uta Glaubitz. "Haben Sie sich für einen Berufswechsel entschieden, sollten Sie auf jeden Fall aktiv werden und nicht passiv verharren."